Microsofts Majorana 1 ist das erste öffentlich vorgestellte Quanten-SoC, das vollständig auf topologischen Qubits basiert – einer Architektur, die durch den Einsatz eines neuartigen „Topokonduktors“ erheblich weniger Fehlerraten verspricht als heutige supraleitende Ansätze .
Das nur handtellergroße Modul kombiniert H-förmig verschaltete Aluminium-Nanodrähte, in denen jeweils ein Pärchen von Majorana-Null-Moden (MZMs) entsteht; vier dieser MZMs bilden einen einzelnen, topologisch geschützten Qubit .
Nach 17 Jahren Forschung bei Station Q kündigt Microsoft damit den Übergang von Labor-Experimenten zur skalierbaren Hardware an und peilt langfristig Millionen Qubits auf einem einzigen Chip an .
Gleichzeitig begleitet das Debüt eine lebhafte Debatte unter Physiker*innen, die unabhängige Nachweise der charakteristischen Elektronenmuster fordern .

Was macht Majorana 1 so besonders?

Topologische Qubits & Majorana-Null-Moden

  • In einer geeigneten Magnetfeld- und Spannungsumgebung wechselt der Nanodraht in eine topologische Phase, an deren Enden sich MZMs bilden .
  • Anders als bei konventionellen supraleitenden Qubits sind Information und Fehlermechanismen hier räumlich getrennt, was intrinsische Fehlertoleranz ermöglicht .
  • Der eigens entwickelte Topokonduktor verbindet Halbleiter-, Supraleiter- und Isolator-Schichten atomgenau, um MZMs reproduzierbar zu erzeugen .

Architektur im Überblick

BausteinFunktionQuelle
H-NanodrähteVier steuerbare Majoranas = 1 Qubit
Topokonduktor-StackStabilisiert die topologische Phase
Bondpads & Through-Silicon ViasSkalierbare 3-D-Verkettung
Cryo-CMOS-SteuerlogikSteuert Qubits bei ≤ 100 mK

Von der Laborprobe zum Chip

Microsoft erreichte 2023 das Etappenziel #6 seiner öffentlich einsehbaren Roadmap – die reproduzierbare Erzeugung eines stabilen topologischen Gaps .
Mit Majorana 1 demonstriert es nun alle Roadmap-Meilensteine bis #7 („topologisches Qubit mit Basis-Gate“) in einem kommerziellen Formfaktor .

Azure-Integration

Majorana 1 wird in den kommenden Monaten in Azure Quantum eingebunden; Entwickler*innen können dann virtuelle Topo-Qubits testen, bevor echte Hardware-Slots freigeschaltet werden .

Leistung & Skalierbarkeit

  • Erste Prototyp-Kacheln sollen 10 000 logische Qubits enthalten; das finale Ziel sind >1 Mio. Qubits pro Waver-Level-Stack .
  • Durch den Topo-Schutz rechnet Microsoft mit logischen Fehlerraten <10⁻⁸ bei Taktzeiten von wenigen µs .
  • DARPA unterstützt das Projekt im Rahmen des Underexplored Systems-Programms und finanziert einen fault-toleranten Demonstrator bis Ende 2028 .

Kontroversen & offene Fragen

Auf dem Global Physics Summit 2025 präsentierte Microsoft neue Spektraldaten, um Kritik an der Identifikation der MZMs zu entkräften .
Mehrere Forschungsteams fordern jedoch zusätzliche Tunneling-Spektroskopie-Experimente, um zufällige Null-Bias-Peaks auszuschließen .

Anwendungen am Horizont

BranchePotenzieller Nutzen
MaterialforschungSimulation komplexer Korngrenzen & Katalysatoren
Pharma-EntdeckungExaktes Protein-Folding, Wirkstoff-Screening
EnergieOptimierung von Batteriematerialien & Fusionsplasma-Steuerung
KryptografieAngriff & Abwehr post-quantensicherer Verfahren

Diese Szenarien erfordern tausende bis Millionen fehlerkorrigierte Qubits – ein Bereich, den Majorana 1 laut Roadmap in den 2030ern erreichen soll .

Fazit

Mit Majorana 1 wagt Microsoft den Paradigmenwechsel von fehlerbehafteter zu intrinsisch geschützter Quantenhardware. Sollte die Topologie-Strategie halten, was sie verspricht, könnte das Chip-Design einen lang ersehnten Weg aus der „NISQ-Sackgasse“ weisen. Noch gilt es, unabhängige Replikationen und Scale-Up-Demonstrationen abzuwarten – aber die Tür zur Quantenrevolution steht ein Stückchen weiter offen.

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